Es ist eine besondere Zeit, es ist Corona-Zeit!

Wir danken den Menschen, die ihre Zeit und Kraft ehrenamtlich in unsere Vereinsarbeit investieren. Diesen Menschen möchten wir unsere Interviewreihe widmen. Mit Einigen von Ihnen haben wir über ihr ehrenamtliches Engagement und die besonderen Herausforderungen in der Corona-Zeit gesprochen. Es erwarten Sie spannende Geschichten von der Vereinsgründung, über die Ideenentwicklung zum größten Leseprojekt "Meine erste Bibliothek“. Aber auch über die Herausforderungen der kulturellen Integration von Migrantenkinder und darüber, wie die Corona-Pandemie die Tätigkeiten und Möglichkeiten verändert hat.

Wir starten unsere Interviewreihe mit unserer Vorsitzenden und Vereinsmitbegründerin Arzu Cetinkaya und dann folgen über die nächsten Wochen verteilt weitere Interviews.

Danke an alle Interviewpartner*innen fürs Mitmachen und

viel Vergnügen beim Lesen!




Sabine Böhm ist pensionierte Lehrerin und seit Februar 2013 als BuchPatin an der Erich-Kästner-Schule in Kessenich ehrenamtlich tätig. Sie betreut im Moment ein 9-jähriges Kind aus einer chinesischen Familie und ein 8-jähriges Kind aus einer spanischen Familie. Außerdem übernimmt sie mit einem Buchpatenkollegen die Koordination zwischen den BuchPaten*innen und der Schule für den Verein.


1.Wie sind Sie auf den Verein aufmerksam geworden? Warum haben Sie sich für Kultur verbindet e.V. entschieden?

- Bevor ich im Jahr 2011 pensioniert wurde, habe ich mich bereits im Voraus nach den Möglichkeiten einer Ehrenamtstätigkeit erkundigt. Ich wollte entweder an einem sozialen Projekt oder in einem Verein ehrenamtlich mitarbeiten. Der Schwerpunkt der Arbeit sollte auch in schulischer Erziehung von Kindern liegen, weil ich als Lehrerin langjährige Kenntnisse und Erfahrungen in diesem Bereich hatte. So stieß ich auf einen Zeitungsartikel im Generalanzeiger über den Verein und speziell über das Leseprojekt „Meine erste Bibliothek“. Das hat mich als begeisterte Leserin sofort angesprochen. Des Weiteren erachte ich es für sehr sinnvoll, mich für Kinder einzusetzen, die aus bildungsfernen Familien mit Migrationshintergrund kommen.

Als ich dann pensioniert war, habe ich mich an den Verein gewandt. Frau Cetinkaya (Anm. der Redaktion: Vorstandvorsitzende von Kultur verbindet e.V.) war meine Ansprechpartnerin. Sie hat immer sehr begeistert bei unseren Treffen über die Vereinsarbeit erzählt. Im Februar 2013 habe ich dann mit meiner ersten BuchPatenschaft mit einem Grundschulkind der 1. Klasse angefangen. Es hat von Anfang an sehr viel Spaß gemacht!

2. Was gefällt Ihnen besonders gut an der Vereinsarbeit? Wo sehen Sie Ihre persönliche Herausforderung in der Arbeit mit den Kindern mit Migrationshintergrund?

- Es ist mir sehr wichtig, auf die Unterschiedlichkeit der Kinder einzugehen. Ich habe zwei Patenkinder im Moment, von denen eins mehr naturwissenschaftlich und das andere mehr künstlerisch veranlagt ist. Die beiden sind sehr unterschiedlich! Während das eine Patenkind sehr selbstbewusst ist und auch schon sehr gut lesen kann, ist das andere Patenkind sehr schüchtern und das Lesen geht noch etwas mühsam. Bei der Bücherwahl muss man besonders gut darauf achten, dem Kind mit dem ausgewählten Buch gerecht zu werden. Manchmal hält sich die Begeisterung auch in Grenzen, wenn es mit dem Lesen nicht so gut klappt. Diesen unterschiedlichen Voraussetzungen gerecht zu werden, ist nicht immer einfach. Das ist meine persönliche Herausforderung!
Der Verein Kultur verbindet e.V. versucht seine BuchPaten*innen zu unterstützen, in dem bei den Kulturangeboten verschiedene Schwerpunkte gesetzt werden. Für die Kinder, die eher Spaß an Unternehmungen haben, bietet sich der Besuch des Naturkundemuseums mit Experimenten und Workshops an. Für die kreativen Kinder passen Theaterbesuche und Malereien am besten. Deshalb lassen sich solche Aktivitäten mit meinen beiden Patenkindern sehr gut gestalten, weil die persönlichen Vorlieben der Kinder dabei berücksichtigt werden.

3. Haben Sie durch die Arbeit gemerkt, dass ihre Sichtweise sich bezugnehmend auf Zuwanderung/Migration/Integration verändert hat?

- Durch meine frühere Tätigkeit wurde ich bereits mehrfach mit dieser Problematik konfrontiert. Ich habe schon gemerkt, wie wichtig derartige Hilfestellung im außerschulischen Bereich ist und wie unterschiedlich sie von den Eltern angenommen wird. Es geht nicht nur um das Lesen, sondern auch um die außerschulischen Veranstaltungen.
Manche Eltern sind sehr offen und glücklich über das Angebot des Vereins. Für andere Eltern war das ein zu großer Eingriff in die Familie, in die persönliche Erziehung ihres Kindes. Die Veranstaltungen des Vereins sind in der Regel an den Wochenendtagen, an denen manche Kinder bspw. zum Arabischunterricht oder zu einem anderen Sprachunterricht gehen. Es ist verständlich und nachvollziehbar, dass die Eltern ihre Kultur und Sprache beibehalten möchten. Aber viele BuchPaten*innen wünschen sich mehr Mitwirkung von den Eltern bei der Integration ihrer Kinder. 

4. Was war das schönste Erlebnis in Ihrer Ehrenamtsarbeit?

- Ich habe meinen Beruf wirklich bis zum letzten Tag sehr gerne ausgeübt. Ich gehe immer noch sehr gerne in die Schule, um die 10 min Pause mitzuerleben, weil ich es sehr schön finde, wenn die Kinder ihren BuchPaten auf dem Schulhof entdecken und fröhlich angelaufen kommen. Es sind unbeschreibliche Emotionen! Ich erlebe das immer wieder und das bereitet mir sehr viel Freude. Zurzeit sind solche Begegnungen leider wegen Corona-Einschränkungen nicht möglich.

5. Wie gestaltet sich Ihre Patenschaft/ Ehrenamtsarbeit unter den Coronabedingungen?  Können Sie sich vorstellen, dass der Einsatz von digitalen Medien Ihnen dabei helfen kann?

- Im Moment passiert gar nichts! Das finde ich total schade! Es darf an Schulen nicht mehr gelesen werden, die Kulturveranstaltungen können nicht stattfinden. Ich habe meine Patenkinder seit fast einem Jahr nicht mehr gesehen. Am Anfang stand ich mit den Kindern in schriftlichem Kontakt per Email. Ich habe immer wieder Rätselhefte oder ausgeschnittenen Rätsel aus der Zeitung per Post zugeschickt, die auch gelöst zurückkamen. Ich habe bzw. wir alle haben versucht, den Kontakt zu den Kindern zu halten. Das ist natürlich nicht mit einer persönlichen Begegnung vergleichbar!

Ich bevorzuge keinen Einsatz von digitalen Medien in der Patenschaft, weil die Kinder oft eine persönliche Ansprache und Kontakt brauchen. Außerdem habe ich selber noch keine Erfahrung und müsste mich damit intensiv beschäftigen. In meinem Alter ist das für mich eine große Herausforderung, die ich mir nicht unbedingt antun möchte.

6.  Haben Sie ein bestimmtes Lebensmotto, das Sie jeden Tag motiviert?

- „Spuren hinterlassen!“ - das war mein Motto während meiner Dienstzeit. Die Kinder erinnern sich später sicherlich daran (im positiven Sinne).  Ich glaube schon, dass die BuchPaten eine gewisse Rolle im Leben der Kinder spielen. In meinen 8 Jahren der ehrenamtlichen Tätigkeit bei Kultur verbindet e.V. habe ich 5 Patenkinder betreut. Teilweise betrachtet man sie wie eigene Enkelkinder. Auch wenn die Kinder später zur weiterführenden Schule wechseln, bestellt man sich gegenseitig liebe Grüße durch die kleineren Geschwister, die man hin und wieder in der Schule trifft. Ich fühle mich sehr wohl bei meiner Ehrenamtsarbeit und das ist das Mitentscheidende für mich, warum ich mich für Kultur verbindet e.V. engagiere!


Am 12.02.2021 interviewt von Victoria Luin / Bildquelle: Kultur verbindet e.V.


Ulrike Dahmer engagiert sich seit September 2020 ehrenamtlich im Verein. Sie unterstützt den Vorstand als Geschäftsführerin bei der Vorbereitung und Durchführung der Vorstandssitzungen und Strategiemeetings. Außerdem stellt Öffentlichkeitsarbeit einen Hauptschwerpunkt ihrer Arbeit dar.


1. Wie sind Sie zum Verein gekommen? Warum haben Sie sich für Kultur verbindet e.V. entschieden?

- Ich habe mich immer sehr stark ehrenamtlich engagiert, vor allem politisch und sozial. In meiner jüngeren Vergangenheit habe ich mehrere Jahre einen Asylkreis an einem Standort geleitet. Ich habe durch die Arbeit gespürt, wie wichtig es mir ist, die Menschen zu unterstützen, die Schwierigkeiten haben, sich in die Gesellschaft zu integrieren. Integration ist kein Automatismus! Sie geht in zwei Richtungen. Deswegen wollte mich gerne in dem Bereich weiter engagieren. Hier in Bonn wusste ich zunächst nicht wo, denn ich bin erst im Juni 2020 nach Bonn gezogen. Die Freiwilligenagentur hat mir den Verein Kultur verbindet e.V. dann empfohlen.

2. Was gefällt Ihnen besonders gut an der Vereinsarbeit?

- Das sind die Themenfelder, die mir besonders liegen. Ich habe ja bewusst ausgesucht, was mir Spaß macht. Meine Stärken liegen bei der Organisation und Kommunikation. Und genau dafür suchte der Verein auch Unterstützung bei der Vorstandsarbeit.

3. Momentan haben wir Corona-Zeit und einige damit verbundenen Einschränkungen. Wie kommen Sie in dieser Situation zurecht? Gibt es da bestimmte Tipps?

- Wir haben mit den virtuellen Meetings angefangen, statt direkte persönlichen Treffen zu machen. Das Zwischenmenschliche geht etwas verloren und es gibt oft keine Zeit für so wichtige Diskussionen am Rande, die oftmals sehr hilfreich ist. Ein digitales Meeting ist nicht meine bevorzugte Art, mit den Menschen zu kommunizieren, aber ich komme damit klar. Wir müssen ja Alle damit klarkommen!

4. Haben Sie ein bestimmtes Lebensmotto?

- " Das Glück ist mit dem Tüchtigen!" - das ist mein Lebensmotto. Ich fühle mich sehr glücklich mit dem, was ich mache. Ich versuche aber auch immer selber aktiv zu werden und erwarte nicht, dass es von irgendwo „angeflogen“ kommt. Ich habe das Gefühl, dass etwas Positives passiert, wenn man sich für seine Ziele einsetzt.

5. Lesen Sie gerne und haben Sie als Kind gerne gelesen? Haben Sie ein Lieblingskinderbuch?

- Ich lese gerne, aber komme leider zu selten dazu. Am meisten mag ich südamerikanische Literatur. Zum Beispiel Isabel Allende (Anm. der Redaktion: eine chilenisch-US-amerikanische Schriftstellerin) und Mario Vargas Llosa (Anm. der Redaktion: ein peruanischer Schriftsteller) oder ein Klassiker - Ernest Hemingway. Mein Lieblingskinderbuch ist "Das Sams" - eine Kinderbuchreihe von Paul Maar.

Am 20.01.2021 interviewt von Victoria Luin / Bildquelle: Kultur verbindet e.V.

 

Dieter Schäferbarthold ist Vorstandsmitglied und hat den Verein „Kultur verbindet e.V.“ im September 2008 mitbegründet. Außerdem engagiert er sich als BuchPate an der Andreasschule, unterstützt den Verein als zugelassener Rechtsanwalt in rechtlichen Angelegenheiten und repräsentiert ihn mit den anderen Vorstandsmitgliedern nach außen.
 

1. Wie ist Kultur verbindet e.V. entstanden? Welche Beweggründe hatten die Mitbegründer*innen im Jahr 2008?

-In einem persönlichen Gespräch fragte ich Hülya (Anm. der Redaktion: Dr. Hülya Truong – Mitbegründerin von Kultur verbindet e.V.), die ich seit ihrer Kindheit kannte und deren Eltern in den 60er Jahren aus der Türkei nach Deutschland gekommen waren, wie sie den Übergang von der Grundschule zum Abitur geschafft hat. Sie erzählte mir über ihre Erfahrungen in der Grundschule und von einer Nachhilfe nach dem Schulunterricht durch den SPD Ortsverein in Bad Godesberg. Diese Unterstützung eröffnete ihr später die Möglichkeit, Medizin zu studieren. Sie arbeitet jetzt als Ärztin. Sie möchte ihrerseits etwas an die Kinder zurückgeben, die wie sie aus der gleichen Situation kommen. Hülya hat ihre Freundin Arzu Çetinkaya dazu geholt und ich habe die Idee mit weiteren Bekannten wie z.B. Dr. Schulte, einem späteren Mitbegründer, diskutiert. Er machte den Vorschlag für unseren Vereinsnamen “Kultur verbindet“. Unser Hauptaugenmerk sollte bei den Kindern im Alter zwischen 6 und 12 Jahren liegen. Wir wollten uns aber nicht nur auf eine sog. “Nachhilfe“ beschränken, sondern die Kinder mit vielen anderen kulturellen Aktivitäten vertraut machen. Im Herbst 2008 war es so weit: der Verein „Kultur verbindet e.V.“ wurde gegründet und in das Vereinsregister eingetragen.

2. Mit welchen Schwierigkeiten waren die Vereinsgründer bei der Konzeptumsetzung konfrontiert worden?

- Wir haben zunächst geglaubt, die Eltern mit ihren Kindern direkt zu erreichen. Aber wir haben uns geirrt. Eltern kamen mit dem Begriff "Kultur" nicht zurecht. In einigen Sprachen z.B. in Türkisch lässt sich das Wort auch nicht einfach übersetzen. Wir mussten neben dem schulischen Bereich den Kindern andere Bereiche der Kultur, (Museums-, Theater-, Konzertbesuche usw.) eröffnen. Integration durch Kulturverständnis - das war und ist unser Ziel! Es entstanden Kooperationen mit allen großen Museen in Bonn. Wir haben dann eine Zusammenarbeit mit Grundschulen gesucht. Mit unserem Projektvorschlag “Meine erste Bibliothek“ und der Verbindung zu den anderen kulturellen Aktivitäten stießen wir dort auf großes Interesse. An einem „reinen“ Leseprojekt war man nicht so interessiert. Deshalb achten wir auch immer darauf, dass wir in den Schulen als BuchPaten und nicht als LesePaten tätig sind. Zusätzlich zu den Kindern haben wir auch deren Eltern zu unseren Kulturveranstaltungen eingeladen, um den Eltern die praktischen Beispiele zu zeigen. Das war eine der größten Herausforderungen bei uns damals!

Am Anfang war es auch nicht einfach, eine längerfristige Förderfinanzierung für die Vereinsarbeit zu sichern. Die Förderorganisationen haben auf die bisherigen Aktivitäten des Vereins geschaut, die bis zur Antragsstellung geleistet wurden. In den ersten 5-6 Jahren hatte der Verein keine großen finanziellen Mittel, um seine Arbeit auszubauen. Der große Umbruch kam mit der Förderung von Aktion Mensch im Jahr 2016. Unser Projekt "Meine erste Bibliothek" wurde im Rahmen der Aktion Mensch Aktion auch im ZDF präsentiert. Es folgten weitere Auszeichnungen. Und wenn wir uns heute um eine Förderung bewerben, können wir auf die erfolgreiche Arbeit für die Kinder verweisen. Dadurch ist es im Vergleich zu damals etwas einfacher geworden.

3. Was motiviert Sie persönlich, sich für den Verein ehrenamtlich zu engagieren? Was ist Ihr schönstes Erlebnis in der Vereinsarbeit?

- Mich motiviert die Tatsache, dass wir den Kindern die Möglichkeit geben, die beste Ausbildung anzustreben, die sie erreichen können. Das versuche ich auch immer wieder bei den Versammlungen mit unseren BuchPaten*innen zum Ausdruck zu bringen. Ich freue mich zusammen mit den Kindern, wenn ich ihre Begeisterung bei den Lernerfolgen sehe. Mit einer guten Ausbildung ist auch in der Regel eine erfolgreiche Integration verbunden.

Letztes Jahr - kurz vor Weihnachten - erlebte ich so eine positive Geschichte. Ich habe ein Patenkind aus Afghanistan. Ihre Eltern konnten wegen des dortigen Krieges keine Schule besuchen. Wir haben Bücher über verschiedene Länder gelesen. Ich ging zum Markt in Bad Godesberg, dann rief mir plötzlich ein Mädchen zu, dass ihre Freundin (mein Patenkind) eine Note „Gut“ in Geografie bekommen hat. Sie war sehr stolz auf ihre Freundin. Das war eine schöne Überraschung! Ein anderes Patenkind, deren Familie aus dem Kosovo nach Deutschland gekommen ist, kam einmal mit einem Kinderbuch in ihrer Muttersprache zu mir und sagte, dass ich ihr das Buch vorlesen sollte. Ihren Wunsch konnte ich ihr leider nicht erfüllen. Sie wollte mir zeigen, dass es nicht so einfach ist, in einer anderen Sprache zu lesen.

4. Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Vereins? Wo sehen Sie den Verein in ein paar Jahren?

- Ich sehe nach wie vor die Grundschulkinder als wichtigste Zielgruppe um dort eine Hilfestellung zu geben, damit jedes Kind die möglichst beste Ausbildung anstrebt. Ich wünsche uns mehr so genannte „Verbindungslehrer“ in den Klassen, die genau über unsere Angebote Bescheid wissen. Bei unseren Angeboten müssen wir darauf achten, dass wir gemischte Gruppen bilden: Einheimische und Kinder aus zugewanderten Familien. Im Hinblick auf die Eltern möchten wir mehr über das deutsche Schulsystem und mögliche Förderungsmöglichkeiten im Hinblick auf einen höheren Bildungsabschluss beraten, sodass das Kind die möglichst beste Ausbildung bekommt, ganz so wie es bei Hülya der Fall gewesen ist.  

Am 03.02.2021 interviewt von Victoria Luin / Bildquelle: Kultur verbindet e.V.

 

Gudrun Lienhard ist 61 Jahre alt und arbeitet als Büroangestellte. Für den Verein engagiert sie sich seit Februar 2018 und ist die BuchPatin von zwei afrikanischstämmigen Mädchen (11 und 12 Jahren) aus der gleichen Familie, die an der Elsa-Brändström-Schule sind, bzw. waren.

1.Wie sind Sie auf den Verein aufmerksam geworden? Warum haben Sie sich für Kultur verbindet e.V. entschieden?

- Ich bin über einen Zeitungsartikel im Generalanzeiger zum Verein gekommen und es ging recht schnell mit der Lesepatenschaft an der Schule. Das Lesen macht mir sehr viel Spaß! Ich habe selber drei Kinder, die immer viel gelesen haben. Durch das Lesen haben sie unheimlich viel über andere Menschen, Länder, Kulturen und einiges mehr erfahren. Ich finde es schade, wenn Kinder überhaupt keine Lust zu Lesen haben und sich nur mit elektronischen Medien beschäftigen. Ich wollte genau mit diesen Kindern meine Leidenschaft für das Lesen teilen, denn das Lesen eröffnet einem neue Welten!

2. Was läuft gut? Was läuft weniger gut? Mit welchen Schwierigkeiten haben Sie zu tun?

- Meine Patenkinder sind ganz nette Kinder. Ein Mädchen ist sehr kreativ und künstlerisch veranlagt und sehr wissbegierig, aber sie kann Zuhause nicht entsprechend gefördert werden.  Und das tut mir sehr leid! Die Mutter des anderen Lesepatenkindes ist alleinerziehend und zurzeit in Afrika, sodass das Kind bei der Oma lebt. Die Kinder haben in der Freizeit sehr wenig soziale Kontakte zu Gleichaltrigen außerhalb der Familie. Das ist sehr traurig, aber ich versuche, sie von meiner Seite aus ein wenig zu unterstützen. Mehrmals habe ich z.B. die Freundinnen der Kinder zu mir nach Hause eingeladen, damit sie die Zeit miteinander verbringen können. Das war für alle Beteiligten ein Gewinn.
Ich unterstütze die Kinder wo ich nur kann. Sei es bei den Schulanmeldungen für die weiterführende Schule, bei Arztbesuchen, Fahrten zu den Therapiestunden, Gespräche mit Behörden, Vertreten der Erziehungsberechtigten auf Elternabenden und bei Lehrergesprächen oder sonstige organisatorische Dinge.  Wir nehmen auch regelmäßig gemeinsam an den Kulturangeboten und Veranstaltungen von Kultur verbindet e.V. teil und verbringen dann den Rest des Tages bei uns zuhause mit Spiel und Spaß.

3. Wie gestaltet sich Ihre Patenschaft/ Ehrenamtsarbeit unter den Coronabedingungen?  Können Sie sich vorstellen, dass der Einsatz von digitalen Medien Ihnen dabei helfen kann?

- Während des ersten Lockdowns im Sommer haben wir im Garten mit Abstand gelesen. Das ging ganz gut! Beim zweiten Lockdown haben wir eine Zeit lang ausgesetzt, weil ich gedacht habe, dass die Pandemie bald vorbei sein wird. Das war aber nicht so. Jetzt treffen wir uns wieder zum Lesen mit Masken und Abstand. Die Kinder kommen dafür einmal in der Woche zu mir nach Hause. Das ist zwar ein gewisses Risiko für mich und meinen Mann, weil wir beide über 60 Jahre alt sind, aber das nehmen wir in Kauf.
Ich könnte mir den Einsatz von digitalen Medien für meine Patenschaft vorstellen. Allerdings finde ich, dass dann der persönliche Kontakt fehlen würde. Ich unterstütze die Kinder nicht nur beim Lesen, sondern auch in ihrer persönlichen Entwicklung durch gemeinsame Aktivitäten. Es ist viel persönlicher, weil ich ihnen so nebenbei manches vermitteln kann und dabei auch einiges von ihnen und ihrem Leben erfahre.  

4. Schildern Sie bitte das schönste Erlebnis in Ihrer Ehrenamtsarbeit?

- Sehr schwer zu sagen! Wir haben so viel mit den Kindern unternommen und so viele schöne Momente in den vergangenen drei Jahren erlebt. Ein Beispiel dafür ist Heiligabend 2018. Wir hatten die Kinder zu uns nach Hause eingeladen. Nach dem Essen haben die beiden Lesepatenkinder unserer Familie „Weihnachten im Stall“ von Astrid Lindgren vorgelesen. Plötzlich klopfte der von uns bestellte Weihnachtsmann an die Terrassentür und betrat das Wohnzimmer. Er hatte ein großes goldenes Buch dabei und wusste so allerhand über die Mädels zu erzählen und wollte auch einiges von ihnen wissen! Das war eine große Überraschung! Die Kinder rätselten lange, wer sich wohl hinter dem langen weißen Bart verborgen hat!  Das war emotionales Erlebnis! Daran denke ich gerne zurück!

5. Was wünschen Sie sich und dem Verein für die Zukunft?

- Mein Wunsch wäre es, dass die Corona-Einschränkungen bald vorbei sind und die Kulturangebote, Ausflüge in die Natur und Workshops vom Verein wieder stattfinden. Das wäre eine schöne Sache! Sonst bin ich mit Allem zufrieden und denke immer positiv. Für mich gibt es kein halbleeres Glas, sondern bei mir ist das Glas immer halbvoll. Und das bringt mich immer weiter!

Am 16.02.2021 interviewt von Victoria Luin/Bildquelle: Kultur verbindet e.V.



 

Monika Schmidt-Engbrecht ist pensionierte Lehrerin und seit 2017 im Vorstand von Kultur verbindet e.V. aktiv. Außerdem ist sie eine Buchpatin an der Erich-Kästner-Schule. Ihre über 40-jährige Berufserfahrung als Lehrerin mit einem Schwerpunktfach „Deutsch als Zweitsprache“ kommt dabei dem Verein in der Projektarbeit mit den ausländischen Kindern besonders zu Gute.


1. Wie sind Sie zum Verein gekommen? Wie lange engagieren Sie sich schon ehrenamtlich?

- Ich bin über die Freiwilligenagentur der Stadt Bonn zum Verein gekommen und es sind inzwischen über 9 Jahre, in denen ich mich ehrenamtlich für Kultur verbindet e.V. engagiere. Ich wollte immer meine Erfahrung und Kenntnisse aus dem Berufsleben weiternutzen und mit Kindern arbeiten. Als ich pensioniert war, hatte ich genug Zeit, um meinen Wunsch zu erfüllen.

2. Was gefällt Ihnen besonders gut an der Vereinsarbeit? Was ist Ihre größte Herausforderung?

- Ich wollte immer etwas Sinnvolles für die Gesellschaft leisten. Und die Integration ist auch eine sinnvolle Sache! Da ich früher beruflich gerne mit Kindern und Jugendlichen gearbeitet habe, war eine Tätigkeit als Buchpatin im Verein für mich naheliegend und war somit keine so große Herausforderung für mich. Die Betreuung eines einzelnen Kindes ist viel einfacher als die einer der ganzen Klasse. Der persönliche Kontakt zum Patenkind kann schneller aufgebaut werden und es kann gezielter auf die Bedürfnisse des Kindes eingegangen werden. Die Mehrheit der Kinder kommt auch sehr gerne zur Lesestunde und freut sich auf unsere persönliche Begegnung.

3. Wie kommen Sie mit den Corona-Einschränkungen momentan zurecht?

- Ich habe vor Corona einen 8-jährigen aus Pakistan stammenden Jungen an der Erich-Kästner-Schule betreut. Wir haben uns regelmäßig getroffen und zusammengelesen. Der Kontakt zu den Eltern war auch gut. Durch Corona ist dieser Kontakt leider verloren gegangen. Die Familie hat nicht mehr auf meine Emails und Telefonanrufe reagiert, obwohl wir am Anfang den Kontakt auf diese Weise gehalten hatten. Aber wenn die Eltern das nicht mehr für sinnvoll halten, dann hat das keinen Wert mehr! Ohne eine Unterstützung durch die Eltern kann der Kontakt nicht aufrechterhalten werden. Ich hoffe, dass es bald wieder möglich wird, an den Schulen mit Kindern zu lesen.

4. Lesen Sie gerne und haben Sie als Kind gerne gelesen? Haben Sie ein Lieblingskinderbuch?

- Ich lese gerne und viel. Als Kind mochte ich „Emil und die Detektive“ von Erich Kästner, der sowohl für Erwachsene als auch für Kinder geschrieben hat. Momentan lese ich mehr Belletristik und historische Literatur.   

5. Was wünschen Sie dem Verein für die Zukunft?

- Ich wünsche mir, dass wir unser Leseprojekt „Meine erste Bibliothek“ weiter fortführen können und dass die Zielsetzungen, die wir in Angriff nehmen, realisiert werden. Ich wünsche mir, dass wir mehr Mitglieder für den Verein gewinnen, da die Arbeit im Verein nicht nur sinnvoll, sondern auch sehr persönlich ist und viel Freude mit sich bringt.  Ich denke immer positiv und hoffe, dass die Corona-Einschränkungen bald aufgehoben werden und wir mit den neuen Kulturprojekten starten können. Das wünschen wir uns Alle!

Am 18.02.2021 interviewt von Victoria Luin / Bildquelle: Kultur verbindet e.V.