Dr. Frauke Rheingans ist von Beruf Ethnologin (Anm. der Redaktion: Völkerkundlerin) und engagiert sich seit Mitte 2014 im Verein. Sie unterstützt den Verein bei der Projektorganisation und -koordination.

1.Wie sind Sie auf den Verein aufmerksam geworden? Warum haben Sie sich für Kultur verbindet e.V. entschieden?

- Als meine Kinder zur Welt kamen, habe ich beruflich ausgesetzt und mich ehrenamtlich engagiert, bspw. im Sportverein in meinem Heimatdorf und in der Grundschulbücherei. Nachdem meine Kinder groß genug waren, habe ich dann den beruflichen Wiedereinstieg versucht. Es war für mich wichtig wieder anfangen, zu arbeiten. Und so bin ich bei meiner Neuorientierung über die Freiwilligenagentur der Stadt Bonn auf den Verein „Kultur verbindet e.V.“ aufmerksam geworden. Von Mitte 2014 bis März 2016 habe ich ehrenamtlich für den Verein gearbeitet. Dann wurde es mit der Bewilligung der Aktion Mensch Förderung möglich, eine bezahlte Teilzeitstelle einzurichten, die ich bekommen habe.

2. In welchem Bereich engagieren Sie sich im Verein? Was gefällt Ihnen besonders gut bei Ihrer Tätigkeit?

- Ich mache inzwischen die Projektplanung, -organisation und -koordination. Ich kümmere mich um unser größtes Leseprojekt „Meine erste Bibliothek“ an sechs Grundschulen in Bonn.  Bei diesem Projekt engagieren sich ca. 130 freiwillige Erwachsene, die sich regelmäßig mit den Kindern an den Grundschulen treffen und die Bücher lesen. Ich stehe im kontinuierlichen Austausch mit den Paten*innen, Eltern und Lehrkräften. Außerdem veranstalten wir verschiedene Kulturangebote für die Kinder mit Migrationshintergrund: Stadtteilerkundungsprojekte, Ausflüge in die Natur, Museumsbesuche, Bastelworkshops, Musik- und Theater-AGs u.v.m. Ich betreue auch diese Veranstaltungen mit, suche dabei nach den geeigneten Kooperationspartnern und möglichen Finanzierungsquellen. Man sieht, was sich alles in Bonn im Bereich Integration und Zuwanderung tut. Das ist sehr faszinierend!

3. Welchen Einfluss hat die Corona-Pandemie auf Ihre Aktivitäten?  

- Corona hat unsere Vereinsarbeit sehr beeinträchtigt. Wir mussten alle Kulturangebote sowie unsere Leseprojekte komplett einstellen. Wir haben versucht, über die Video-Telefonie die verschiedensten Sachen zu ermöglichen, aber es hat nicht wirklich funktioniert.  Die Kinder sind zu klein dafür und brauchen einen persönlichen Kontakt mit ihren Paten*innen. Es ist eine riesige Lücke aufgetreten! Jede Verlängerung der Corona-Maßnahmen an den Schulen bedeutet, dass die Kinder wieder Zuhause lernen müssen. Aber sie schaffen das nicht eigenständig, weil ihnen die Förderung fehlt und die persönliche Unterstützung sie nicht erreicht.

4. Wie gestaltet sich Ihre Arbeit mit den Ehrenamtlichen, Eltern und Kindern? Das zwischenmenschliche Miteinander?

- Das ist sehr schwer pauschal zu sagen, weil die Menschen sehr unterschiedlich sind. Die meisten sind offen und zugänglich. Am entscheidendsten sind die Erstgespräche, bei denen man sich kennenlernt. Man muss sich da genug Zeit nehmen, um mehr voneinander zu erfahren. Wir haben viele Freiwillige, die damals nach der Gründung des Vereins im Jahr 2008 angefangen haben und sich noch bis heute ehrenamtlich im Verein engagieren. Es finden regelmäßige Treffen von BuchPaten*innen an den Schulen statt. Leider war es im letzten Jahr wegen Corona-Einschränkungen nicht möglich.

5.  Was wünschen Sie dem Verein für die Zukunft?

- Also ganz oben stehen tatsächlich eigene Räume, in denen wir die Veranstaltungen anbieten können und selbst entscheiden können, wann die stattfinden. Damit wir ein wirklich kontinuierliches Angebot aufbauen können: für die Eltern, für die Kinder, für die Paten – das wäre ganz oben auf meiner Wunschliste. Und gerne auch eine längerfristig gesicherte Finanzierung, weil es sehr unschön ist, immer mit den Projektgeldern zu arbeiten, die dann nur für neun Monate oder für ein Jahr oder zwei Jahre sind. So dass man im Grunde genommen, wenn man sie hat, schon wieder vor dem nächsten Abgrund steht und sich fragt, wie kann man langfristig da weitermachen, wenn uns die Finanzierung wegbricht.

6. Was ist das Besondere an Kultur verbindet e.V.? Warum sollen sich Menschen dafür engagieren?

- Das Besondere ist einfach die Möglichkeit, ein Kind zu erleben und die Entwicklung dieses Kindes mit zu begleiten und ein bisschen zu unterstützen. Das bringt einem so viel an Freude, an Kenntnissen und an Einblicken. Man lernt durch diese persönlichen Begegnungen, seine eigenen Vorstellungen zu überdenken und Vorurteile über Bord zu werfen. Das finde ich, ist eigentlich so ein ganz wesentlicher Punkt, warum man diese Arbeit machen sollte!

Am 29.01.2021 interviewt von Victoria Luin / Bildquelle: Kultur verbindet e.V.